Der Unterschied zwischen „Alt-Toten“, „Neu-Toten“ und „Lebend-Toten“
Die zwei erstgenannten kann man unter anderem in Paris in einem sogenannten „Wachsfigurenkabinett“, die letztgenannten in ganz bestimmten, für jedermann zugänglichen Räumen unseres Ortes bewundern. Sicherlich schickt man die Augenbrauen erstaunt gen Himmel, wenn die Alt- und Neu-Toten in Paris auf eine an sie gerichtete Frage eine Antwort gäben. Nicht weniger aber staunt der interessierte Beobachter, wenn sich unter den Lebend-Toten jemand findet, der sich zu einem Gespräch über das Tagesgeschehen in der Lage sieht. Wenn man Glück hat, kann man sogar mit Antworten rechnen, die über ein „Ja“ oder „Nein“ hinausgehen. Nein, nein, was Ihr jetzt vielleicht denkt, ist falsch. Es handelt sich hier nicht um die Beschreibung einer Anstalt für psychisch Kranke. Aber ich kann ruhigen Gewissens behaupten, dass diese, für jedermann zugänglichen Räume, einer Bedürfnisanstalt im nicht herkömmlichen Sinne gleichkommen. Um das Ganze noch etwas plastischer auszudrücken, halte ich einen Begriff für diese – für manche Leute lebensnotwendige – Stätte samt Inventar für absolut zutreffen: das „Geisterkabinett“. Diese Eckkneipe, Sitz vieler Hirnzellenschädigenwollenden, hat das „gewisse Etwas“. Das ständige aufdringliche Anbieten von umsatzsteigernden Gesellschaftsspielchen durch den schweinsäugigen Wirt wie „Schummeln“ oder „Hoch gewinnt, tief verliert“ und ähnliches, zerrt an den Nerven der etwas geldschwachen Gäste. Gleichwohl lassen sich eben diese nur zu gern darauf ein, hoffnungsträchtig, dass der tückisch grinsende Wirt oder ein anderer Mitspieler verlieren möge. Manch ein „Geisterkabinettinsasse“ hat dort nicht nur seine vielen Gehirnzellen, sondern auch sein weniges Geld gelassen. Auf diese Art und Weise werden – der das nicht glauben Wollende beginne jetzt zu staunen – nicht nur die Tresensteher und –sitzer, sondern wird auch die Kasse des Herrn Wirt voll. Prost, auf ex, und nur nichts verschütten. Um Frau Wirtin nicht zu vernachlässigen, seien auch ihr einige Zeilen gewidmet. Sie ist das Non-Plus-Ultra dieser Räumlichkeit, füllt sie doch dieselbe mit ihrer Leibesfülle zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus. Schnaufend und fast breit wie hoch betritt sie den Raum und fügt sich, ihrer Position bewusst und entsprechend verhaltend, in das Geschehen ein. Rums, die Tür fällt zu, jetzt wird´s gemütlich…. Nach Luft schnappend schenkt sie mit gummibehandschuhten Händen leere Biergläser voll und erklärt – voll Stolz über den Besitz – sie habe gerade die Gänse (die Ärmsten fristen ein karges Dasein auf der Schattenseite des Anwesens) versorgt. Na, dann Prost! Aus einer – aus Zeit- und Adressenmangel leider lückenhaften – Umfrage meinerseits in den Familien der Geisterkabinettbesucher geht hervor, dass ein nicht unbeträchtlicher Bedarf einer bestimmten Anti-Pickel-Creme besteht, deren Verbrauch auf eben diesen Gummihandschuh-Zustand zurückzuführen sein könnte. Nicht jeder verträgt den Genuss von Gänse-AA im und am Bierglas!!! Was allerdings keinen der sogenannten Stamminsassen davon abzuhalten scheint, dieser Ur-Gemütlichkeit regelmäßig zu frönen. Es kann natürlich auch etwas mit der „Alt-Mami“-Wirtin zu tun haben, deren Busen meist unter zu engen Plastik-Pullovern wohlig-wabbelig auf dem fülligen Bauch ruht. Da Frau Wirtin sich auch in der Küche betätigt, ist der Pullover gern und oft horizontal über dem Busen von Probier-Flecken übersät, was das gelangweilte Auge immer wieder einmal interessiert aufsehen lässt. Wenn sich dann noch die Brustwarzen sichtbar durch das Rippenmuster des sie quetschenden Woll-Plastik-Gemisch´s drücken, kann Frau Wirtin sich der Blicke ihres nicht besonders anspruchsvollen Publikums sicher sein. Über die staubübersäten Ablagen im Gläserregal als auch in den Sitzecken vis-á-vis der Theke sehen die Gäste, sofern sie dieses überhaupt bemerken, großzügig hinweg. Man kann eben nicht alles – beim Kochen die Kleidung hübsch gleichmäßig bekleckern, die Gänse versorgen und auch noch Staub wischen ……
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