In ländlich-dörflicher Idylle lockt ein Gasthof – zum großen Ärger der umliegenden Konkurrenz – mit Niedrigpreisen für die „Vatertags-Schnitzel-Parade“.
Allerlei Väter, die sich bierbäuchig, kurzlederhosig und schwerstbehäbig mit dem typisch bayerischen – „mir san mir!“ – an den wenigen Tischen des Biergartens zuprosten, hauen sich voll Begeisterung über ein solches Schnäppchen-Angebot in warmer Natur auf die speckigen Hosenschenkel. Passend dazu schmückt ein dunkles Rot ihre schwitzenden Gesichter. Ich tippe auf Bluthochdruck gepaart mit Sonnenbrand. Dazu unterhält ein Zieharmonika spielender Strahlemann gutgelaunt und mitschunkelnd den Biergarten. Hoch die Mass – wohl bekomm’s – oa Halbe geht scho no nei ( zu hochdeutsch: einen halben Liter Bier können wir schon noch trinken). Überwiegend Väter- und einige Müttergesichter lehnen sich zurück und warten auf die Parade, das Gericht zu erschwinglichen € 6,90. Drinnen in der Gaststube treffen sich eher die Großväter ( wegen die stoarke Hitz’, wissen`s) und sind natürlich, wie soll es anders sein, in großer Eile. Da werden die Speisekartenseiten mit auf der Nasenspitze sitzenden Halbgläsern langsam – man will ja nichts übersehen, sonst verpasst man wohlmöglich etwas – untersucht nach dem absolut besten Parade-Angebot. Schnitzel hier, Schnitzel da, Schnitzel hin oder her, so ein Schweinelendchen in Rahmsoße wäre doch auch etwas Feines….. Einer der Tische, bestückt mit 2 Rentnern und einer dazugehörenden Rentnerin, befindet sich in unserer Nähe. So nah, dass wir zeitweise ungewollt das Gespräch verfolgen können. Die Besetzer dieses Tisches lassen sich besonders viel Zeit bei der Auswahl des Parade-Angebotes und nerven die Kellnerin mit überflüssigen Fragen nach Beilagenänderungen etc. (lt. Speisekarte – auf der steht es groß obenauf – gibt es bei diesem Billig-Angebot keine Beilagenänderung). Na ja, die Optik in Form von Halbgläsern auf den Nasen, dann in dem Alter und überhaupt…. Die Kellnerin verhält sich fair und verrät, dass die Essenslieferung aufgrund des großen Andrangs auf eine kleine Küche lange dauern kann. Nun, was bedeutet das? Auf jeden Fall ist das „kann lange dauern“ dem einen Rentner nach 45 Minuten, die seit seinem Betreten des Lokals vergangen sind, entschieden zu lange und er beginnt zu mosern. Die Rentnerin und der andere Rentner nicken zustimmend: „Ja, ja, unerhört, da macht man mal einen Ausflug ins Grüne und dann so was … Loriot hätte seine helle Freude gehabt! Und dann passiert´s: die Kellnerin stellt einen Teller mit einem panierten Schweineschnitzel, Pommes frites und gemischtem Salat auf den Stammtisch und lässt ihn dort allein. Der mosernde Rentner entdeckt es mit wollüstigen Augen, seine Zunge huscht voller Vorfreude schnell über seine Lippen, während er das magenfüllende Gericht anvisiert. Bestimmt und ganz von sich, seinem Verdacht und seinem Vorhaben überzeugt, erhebt er sich ebenso resolut wie empört von seinem Stuhl, schreitet mit 3 großen, gezielten Schritten auf das Schnitzel zu und ist dabei, von dem Teller Besitz zu ergreifen. Vorsichtshalber jedoch stellt er laut in Richtung Theke, und somit in Richtung Ohren der Gasthauswirtin fest:“ Das ist doch mein Schnitzel, oder? Warum, zum Donnerwetter, wird das einfach hier abgestellt, anstatt mir serviert? Das ist mein Schnitzel! Das wird hier doch kalt!“ Nun tönt es postwendend barsch aus Richtung Theke:“ Das ist für den Musiker!“ Der Rentner ist leicht überfordert ob dieser groben Abfuhr und fragt völlig ungläubig:“ Für den Musiker?“ Wirtin:“ Ja, für den Musiker!“ Rentner darauf beleidigt:“ Aber ich habe auch ein Schnitzel mit Pommes und Salat bestellt!“ Wirtin: „Sind Sie Musiker?“ Der Beleidigte gibt grollend auf und geht, nach Fassung ringend, zurück zu seinem Tisch. Dort wird nun umso lauter geschimpft, dass man sie nun schon 4/4 Stunden warten lässt und noch immer sei kein Essen in Sicht. Die Rentnerin stellt prophezeiend fest:“ Das ist ja hier wie in Kriegszeiten. Man steht quasi Schlange und muss um das bisschen Essen auch noch zittern, ob es überhaupt kommt. Und wenn es kommt weiß man nicht, ob es womöglich nicht doch für jemand anderen bestimmt ist. Zustände sind das hier! Die Kellnerin hat bestimmt die Bestellung vergessen.“ Nun nimmt der andere Rentner – klein, ausgerüstet mit Bauch, wildkariertem Hemd, Urwald-Bermuda, dunklen Socken und offenen Lederriemensandalen, figürlich fast breit wie hoch – die Situation in die Hand. Er erhebt sich schnaufend vom Stuhl, das Pupurrot seines Gesichtes ist durch nichts mehr zu verstärken, geht erst, den Blick suchend umherschleudernd, durch die Wirtschaft, dann kurz hinaus in den Biergarten, um ziemlich frustriert mit der Feststellung an den Tisch zurückzukommen, dass von der Kellnerin, trotz emsigen Ausschauhaltens, weit und breit nichts zu sehen sei. Nun wird es dem moserndem Rentner zu bunt und er greift pauschal alle bayerischen Lokalitäten an. „Überall zu wenig Personal, bei der herrschenden Arbeitslosigkeit ein Skandal, dazu schlecht ausgebildet und obendrein noch langsam bis unfähig. Wir gehen!“ Zum Entsetzen der anderen beiden Rentnerkollegen – schließlich ist es Mittag und der Magen knurrt – begibt er sich tatsächlich an die Theke und bezahlt die erhaltenen Getränke. Das dort mit der Wirtin stattgefundene Gespräch blieb uns akustisch leider verborgen. Lediglich sein leicht vibrierender Schnauzbart und das peinlich genaue Einsammeln mehrerer kleinerer Münzen Wechselgeldes von der Thekenoberfläche ließ uns erahnen, dass er dort wohl noch einmal seine Vorwürfe losgeworden war und ohne anerkennendes Trinkgeld zu gehen gedachte. Kurz darauf verließen alle 3 den Raum und verpassten somit die genau in dem Augenblick angelieferten 3 Schnitzel.
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